Gewächshausanlage für ein kleinbäuerliches Siedlungsgebiet im amazonischen Regenwald
Kurzbeschreibung
PROJEKTLAUFZEIT:
Beginn: März 2001 – Projektende März 2002
ORT:
Kleinbäuerliches Siedlungsgebiet „Tarumâ Mirim“, nordwestlich der Stadt Manaus, Bundesstaat Amazonas, Brasilien. Am Ramal Pau Rosa (Erdpiste), neben dem Gemeindezentrum und der Grundschule.
DURCHFÜHRUNG:
Unsere Außenstelle „Instituto Floresta Tropical“ in Manaus
Projektleiter: Dr. Ohly
FINANZIERUNG:
- Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ)
- Deutsche Umwelthilfe e.V.
- Entwicklungsprojekte-Stiftung, Karin-Dresbach-Stiftung für Entwicklungsprojekte in Dritte-Welt-Ländern
- Spenden
Um das Projekt in vollem Umfang durchführen zu können, müssen wir noch eine Finanzierungslücke von DM 19.500.- schliessen.
Bitte helfen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir dieses Vorhaben wie geplant umsetzen können. Auch kleine Beträge helfen uns weiter!
Bitte bedenken Sie: Ein erfolgreicher Regenwaldschutz ohne Einbeziehung der im und vom Regenwald lebenden Menschen ist nicht möglich.
Bei Spenden ab DM 100.- stellen wir Ihnen automatisch eine Spendenbescheinigung aus.
Bitte überweisen Sie Ihren Beitrag mit dem Stichwort „Gewächshaus“ auf unser
Konto Nr.: 10044788 bei der Sparkasse Freiburg, BLZ 68050101.
ZIELGRUPPE:
Landlose Siedlerfamilien, welche im Rahmen einer Ansiedlungsaktion durch die brasilianische Bundesregierung im o.g. Siedlungsgebiet seßhaft gemacht werden sollen.
PROJEKTZIELE:
Mit der Anlage eines Gewächshauses als Basis für eine Gärtnerei/Baumschule wird eine wichtige Grundlage zur unabhängigen Subsistenzsicherung der Siedler im Projektgebiet geschaffen.
- Die in Produzentenvereinigungen organisierten Siedler haben die Möglichkeit Setzlinge und Saatgut für die Anlage von Agroforst- und Homegarden-Systemen selbst zu erzeugen.
- Die Siedler sind nach einer Marktanalyse und einer begleitenden Bedarfsberatung im Rahmen des Gesamtprojektes in der Lage, die Bedürfnisse des Marktes frühzeitig zu erkennen und mit entsprechenden Produkten zu versorgen.
- Die im Gewächshaus tätigen Siedler (hier insbesondere Frauen und heranwachsende Kinder) verfügen über die Grundlagen der in Vermehrungsbetrieben benötigten Kenntnisse bezüglich Eignung, Anbau, Pflege und Ernte wichtiger und weniger bekannter Arten in Agroforstsystemen.
Begründung
Der Bedarf an qualitativ hochwertigem Pflanzmaterial (Setzlinge nativer Nutzhölzer und Fruchtbäume) für Kleinbauern ist sehr hoch. Alle Landwirte sind langfristig auf eine wirtschaftliche Nutzung ihrer kleinen Parzellen durch Baumkulturen im Rahmen agroforstlicher Systeme angewiesen. Die meist nährstoffarmen Standorte des Regenwaldes werden durch angepaßte Agroforstsysteme zudem vor Auswaschung und Erosion geschützt. Eine rationale Nutzung durch Dauerkulturen in begrenzten Bereichen des Regenwaldes ist demnach auch aus ökologischer Sicht vertretbar.
Staatliche Institutionen und Forschungseinrichtungen können nur kleine Mengen an Pflanzmaterial liefern. Es gibt nur wenige private Anbieter im Nutzpflanzenbereich. Auch diese können den Bedarf nicht decken, zudem sind die Marktpreise für Kleinbauern zu hoch. Die laufenden Kosten für Verbrauchsmaterial (Anzuchterde, Polyäthylentüten, Ersatz für Gerätschaften, Kraftstoff für die Wasserpumpe) werden dabei langfristig durch die Abgabe der Pflanzen zum Selbstkostenpreis innerhalb der Siedlergemeinschaft und durch den Verkauf von Pflanzen auf dem freien Markt in der Region getragen. Das Saatgut wird den Siedlern als „Start-up“ in ausreichender Menge von Forschung und Beratung kostenlos zur Verfügung gestellt.
Weitere wichtige Aspekte sind die Einbindung leichter Arbeitsschritte (z.B. Wässern, Pflanzen, Pflege) in den Schulunterricht und die gezielte Ausbildung von Gemeinde-mitgliedern (hier vor allem Frauen und Jugendliche) in Vermehrung und Anzucht von verschiedenen Pflanzenarten (Pfropfen, Rückschnitt, phytosanitäre Aspekte, Pflege) durch den lokalen Beratungsdienst.
Es werden nur native Baumarten in Nutzung genommen, die an den Standort klimatisch angepaßt sind. Ihre Krankheitsanfälligkeit und der Düngerbedarf sind bei richtiger Wirtschaftsweise weit geringer als die moderner landwirtschaftlicher Kulturpflanzenarten im konventionellen Intensivanbau. Nutzholzarten sind u.a. Mogno = Honduras Mahagoni (Swietenia macrophylla) oder Cedro (Cedrela spp.) und Fruchtbaumarten, wie der dem Kakaobaum verwandte Cupuaçu-Baum (Theobroma grandiflorum), die Palmenart Pupunha (Bactris gasipaes) und der Paranußbaum (Bertholletia exelsa).
Gewächshaus
Ein Gewächshaus in den Tropen ist keine teure Glaskonstruktion wie in unseren Breitengraden. Seine wesentliche Funktion ist der Schutz der Setzlinge vor zu starker Sonneneinstrahlung in den ersten Wochen bis zur Auspflanzung an den endgültigen Standort. Die eigentliche Anlage besteht im wesentlichen aus einer stabilen, begehbaren Holzkonstruktion, die mit Palmblättern oder Gaze abgedeckt ist. Eine komplette Anlage muß eingezäunt sein, damit streunende Tiere (Rinder, Schweine) oder Wild keinen Schaden anrichten können, einen Geräteschuppen und eine eigene Wasserversorgung haben (Brunnen, Wassertank) und kleinere Flachsilos für die verschiedenen Komponenten der Anzuchterde.
Flachsilos und Geräteschuppen sind Ziegelbauten.
Die überdachte Nutzfläche (200 m²) steht der Setzlingvermehrung zur Verfügung. Diese Fläche ermöglicht einen Besatz von 2250 bis 3240 Setzlingen, in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Größe, welche die Arten während ihrer Verweildauer erreichen. Da bei dem ausgeglichenen äquatorialen Klima ganzjährig Pflanzmaterial erzeugt werden kann, liegt die Jahresproduktion (ca. 6750 bis 9720 Setzlinge) bei einer durchschnittlichen Verweildauer von vier Monaten (artenabhängig).
Zwischenbericht
Aktuelle Situation
Im Zeitraum zwischen Projekterstellung, Antragsformulierung und Genehmigung konnten die Siedler im Projektgebiet geringe kommunale Mittel für den Bau eines primitiven Gewächshauses akquirieren. Bei Beginn unseres Vorhabens konnten wir dieses bereits in unsere Projektarbeit einbinden, so dass nun ein Teil der zur Verfügung gestellten Mittel für weitergehende Einrichtungen verwendet werden konnte. Auch auf ausdrücklichen Wunsch des Projektpartners haben wir uns entschieden, dieses Geld in das logistisch nächst erforderliche Glied unserer Projektphilosophie zu investieren – in den Bau einer Kompostanlage. Diese Anlage ist für einen sachgemäßen und produktiven Betrieb der Gewächshäuser zwingend not-wendig, denn ohne fruchtbare Pflanzerde kann in den Gewächshäusern nicht dauerhaft produziert werden. Wir haben mit diesem Schritt also bereits eine Kompo-nente unseres Folgeantrages vorweg genommen und hoffen auf Ihr Einverständnis für unser konsequentes Vorgehen.
Die Gewächshausanlage im Projektgebiet Taruma Mirim wird demnach aus zwei Gewächshäusern (einem bestehenden, das renoviert und verbessert wird, und einem Neubau) sowie einer Kompostanlage (Minhoca-Anlage) bestehen.
Die Kompostanlage
Die Minhoca-Anlage ist im Prinzip nichts anderes als eine Produktionseinheit von Humus, nur etwas größer und professioneller als der Komposthaufen in unseren Gärten. Sie besteht aus drei großen, parallel angeordneten Tanks (10 m lang, 1 m breit, 40 cm hoch), die von einem mit Palmblättern gedeckten Dach (ca. 200 m² Gesamtfläche) gegen direktes Sonnenlicht und die heftigen tropischen Regengüsse geschützt sind. An einem Ende der rechteckigen Anlage befinden sich zwei gemauerte Silos (jeweils eine Seite zur Beschickung bzw. Entnahme offen), das eine dient der Lagerung von zerkleinertem organischen Material, mit dem die Tanks beschickt werden.
Das andere zur Lagerung des fertigen Humus. Am gegenüberliegenden Ende der Anlage ist ein kleineres Becken angebracht, in dem das nährstoffreiche Sickerwasser der Tanks gesammelt wird.
In 6 Kunststofftanks, die ebenfalls geschützt unter der Dachanlage stehen, werden Regenwürmer mit besonders nährstoffreichem Substrat vermehrt. Die Tanks werden mit zerkleinertem organischen Material (Äste, Blätter, Sägemehl, Holzschnitzel, Haushaltsabfälle etc.) und Dung von Haustieren (Hühner, Enten, Schweine, Rinder) gefüllt. Unter das Material wird eine entsprechende Menge Regenwürmer aus den Vorratstanks gemischt. Es muß darauf geachtet werden, dass das Nahrungsangebot für die Regenwürmer nicht zu einseitig und nicht zu dicht gelagert wird. Die weitere Arbeit übernehmen nun die Würmer, in enger Zusammenarbeit mit Bakterien und Pilzen. Für den erfolgreichen Verlauf des Kompostiervorganges muß nun darauf geachtet werden, dass das Substrat nicht zu sehr austrocknet. In Abhängigkeit von Homogenität (Zerkleinerungsgrad), Zusammensetzung, Tempe-ratur und Feuchtigkeit des Ausgangsmaterials können jedem der drei Becken nach 45 Tagen unter optimalen Bedingungen etwa 3 Ton-nen Humus entnommen werden. Der Humus wird gesiebt. Größere, nicht ausreichend zersetzte Teile dienen der „Impfung“ der nächsten Tankfüllung. Die ausgesiebten Regenwürmer kommen entweder in die Vermehrungstanks oder gleich in das nächste mit frischem Material gefüllte Becken zurück.
Der Humus dieser Anlage wird in erster Linie in den beiden Gewächshäusern des Gemeindezentrums am Ramal Cooperativa verwendet. Hier werden Setzlinge von Holzbaumarten z.B. Mahagoni (Swietia macrophylla), Fruchtbaumarten, z.B. Cupuaçu (Theobroma grandiflorum), ein Verwandter des Kakaobaumes, Medizinal-, Gewürz- und Gartenpflanzen gezogen. Die Setzlinge werden, wenn sie reif zum Umsetzen an den endgültigen Standort sind, gegen ein geringes Entgelt (weit unter dem Marktpreis) an Siedler des Assentamento Tarumã Mirim abgegeben. Aktive Mitglieder, die in ihrer Freizeit unentgeltlich im Gewächshaus oder der Minhoca-Anlage arbeiten, zahlen etwas weniger als die passiven Siedler.
Wenn die Gewächshäuser optimal geführt werden, können in Zukunft auch Setzlinge außerhalb des Siedlungsgebietes vermarktet werden, um den Unterhalt der Anlage zu sichern und eventuell den Arbeitern bescheidene Tagessätze auszahlen zu können.
Das Dachgerüst der Minhoca-Anlage ist errichtet. In diesen Tagen wird das Dach gedeckt. Das Dachmaterial, Blätter nativer Palmen, stammt aus dem Siedlungsgebiet, ebenso das Holzmaterial der Dachkonstruktion. Im Siedlungsgebiet gibt es keine Sägerei und es wäre viel zu teuer die Baumstämme zur Bearbeitung in das nahe gelegene Manaus zu transportieren. Also wird das Holz mit der Motorsäge (Photo) und der Machete (Terçado) bearbeitet. Dies ist sehr zeitaufwendig, ebenso wie das kunstvolle Zusammenflechten der Palmblätter zu einem regensicheren Dach.
Ein Grund, weshalb der Zeitaufwand von uns, aber auch von den Siedlern selbst, unterschätzt wurde, ist der Umstand, dass gerade die aktiveren Mitglieder, die unentgeltlich ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen (wir stellen nur die Lebensmittel), gleichzeitig auch in den Selbstverwaltungsgremien des Siedlungsgebietes stark engagiert sind. Die Vertretung der Siedlergemeinschaft bei Behörden, Banken etc. erfordert ihre häufige Anwesenheit in der Stadt Manaus. Ein weiterer Umstand ist die Infrastruktur innerhalb des Siedlungsgebietes. Die Siedler wohnen weit verstreut, die Straßen sind schlecht, z.T. gibt es nur Waldpfade, einige Siedler haben bis zur Bushaltestelle einen Anmarsch von 3-4 Stunden. Am Gemeindezentrum, mit Versammlungsanlage (chapeu de palha), Schule, Lehrerwohnung, Minhoca-Anlage und Gewächshäusern, hält der Bus nur um 09.00 Uhr und um 15 Uhr. Es bleiben daher nur etwa 4-5 Stunden effektive Arbeitszeit, wenn man die Mittagszeit und andere Pausen abzieht. Diese Tagesstunden sind zudem die heiße-sten des Tages. Gewöhnlich hat ein Bauer gegen 11.00 Uhr einen guten Teil seiner Tagesarbeit hinter sich. Leichtere Arbeiten nimmt er erst wieder gegen 16.00 Uhr auf. Einige Siedler übernachten deshalb in Hängematten im Versammlungsraum. Die Männer werden zuweilen von Frauen und Kindern begleitet, die auch etwas mithelfen. Dies erhöht natürlich die Kosten für die Verpflegung, anderseits können wir die Angehörigen nicht von den Mahlzeiten ausschließen.
Die Fertigstellung der Minhoca-Anlage und des zweiten Gewächshauses (ca. 75 m²) ist in etwa 3-4 Wochen geplant. Ebenso die vorgesehene Instandsetzung des alten Gewächshauses (200 m²). Die Wasserversorgung der drei Anlagen wird über Rohrleitungen von dem Tief-brunnen und dem 5000 l -Tank (Photo) gesichert. Eine zugeschaltete Pumpe wird für den nötigen Wasserdruck sorgen, da die Minhoca-Anlage ca. 200 m vom Tank entfernt, am hinteren Rand der kleinen Waldlichtung, gebaut wird.