Von Gerhard Dilger (epd) Vierzig kleine Fischerboote schaukeln entlang eines Stahlseils, das quer über einen gut 100 Meter breiten Fluss gespannt ist. Mitten im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Pará haben sich hunderte Urwaldbewohner zu einer Flussblockade zusammengefunden. Ziel ihres Protests ist die Holzmafia. Monat für Monat, so schätzt die Landarbeitergewerkschaft der Gemeinde Porto de Moz, werden 50.000 Kubikmeter Tropenholz über den Jaraucu abtransportiert, einen Nebenfluss des Xingu, der seinerseits einige Kilometer weiter in den Amazonas mündet. In den vergangenen Jahren sind Dutzende Holzfirmen in die Region eingedrungen. Die meisten kommen aus dem Osten des riesigen Bundesstaates, wo sie kaum etwas vom Amazonasregenwald übrig gelassen haben. Drei Viertel von ihnen arbeiten ohne Lizenz. Das Holz geht in die EU, nach Japan und in die USA. Bedroht ist aber nicht nur der Wald um Porto de Moz, sondern auch rund 15.000 Menschen, die hier seit Jahrzehnten von der Fischerei, der Jagd und der Nutzung von Urwaldfrüchten leben. 1997 haben die Urwaldbewohner von Porto de Moz mit der Hilfe von Kirchenleuten ein “Komitee zur nachhaltigen Entwicklung” gegründet. Sie fordern die Einrichtung eines 13.000 Quadratkilometer großen Naturreservats mit dem Namen “Immergrün” – es wäre das größte Brasiliens. Verhindert haben dies bisher die Politiker aus Pará, darunter der örtliche Bürgermeister Gerson Campos, selbst Besitzer zweier großer Sägewerke. Deshalb hätten sich die Flussgemeinschaften zur Blockade entschlossen, sagt Claudio Barbosa, der Vorsitzende des Komitees. Aus Manaus hat Greenpeace ein modern ausgerüstetes Schiff geschickt. “Die traditionellen Gemeinschaften sind die ersten, die an einer nachhaltigen Nutzung des Waldes interessiert sind, denn er ist ihre Lebensgrundlage”, sagt Marcelo Marquesini vom Greenpeace-Kampagnenteam. Ein staatlich geschütztes Reservat sei die beste Lösung für Mensch und Natur, denn bisher herrsche das “Recht des Stärkeren.” Groß war die Überraschung bei André Campos, als in der vergangenen Woche sein mit 117 riesigen Holzstämmen beladener Frachter von der Blockade aufgehalten wurde. Widerwillig traf der Bruder des Bürgermeisters ein Übereinkommen mit dem Blockierern, das er bereits nach einer Nacht brach: Campos ließ den Frachter auf die Bootskette zutreiben. “Als wir anfingen, um Hilfe zu rufen, schoben die Greenpeace-Leute ihr Schlauchboot zwischen uns und den Frachter”, berichtet Letrizia Duarte, die zu den Blockieren gehört. “Dadurch haben sie uns das Leben gerettet.” Stunden später beschlagnahmten eingeflogene Beamten der Umweltbehörde die illegale Fracht, Campos erhielt eine Strafe von umgerechnet 55.000 Euro. In Porto de Moz entlud sich der Zorn der Holzunternehmer in regelrechten Jagdszenen. Auf dem Flughafen wurde eine Fernsehreporterin, die die Protestaktionen gefilmt hatte, von einer aufgebrachten Menschenmenge fast gelyncht. Unter den Angreifern, die sämtliches Filmmaterial zerstörten, befand sich auch Bürgermeister Campos. Claudio Barbosa wurde verprügelt, sein Boot auf dem Hauptplatz verbrannt. Etliche Aktivisten aus Porto de Moz, darunter der Priester, schweben nun in Lebensgefahr. Trotzdem werten sie die Aktion als Erfolg: “Wir haben der Welt gezeigt, welche Zustände bei uns herrschen,” sagt Barbosa. “Das ist unsere letzte Hoffnung.” 22.09.02 Nachlese zum Umweltgipfel in Johannesburg Ausser Spesen nix gewesen? – Wir haben die wenigen nennenswerten Ergebnisse des Umweltgipfels nochmals für Sie zusammengetragen. Den Bericht können Sie sich als .pdf-File hier herunter laden.
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
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