Dass Schneisen, die zum Straßenbau durch den Regenwald geschlagen werden, für diesen selbst schädliche Folgen haben, ist verständlich: ist erst einmal eine Straße gebaut, kommen die Holzfäller, Brandroder oder Rinderbarone im Eiltempo hinterher. Amerikanische Wissenschaftler haben jetzt jedoch untersucht, dass neben menschlichen Invasoren auch Krankheitserreger dankbar für die Schnellstraße zu ihren Opfern sind. Wird der Regenwald von Straßen oder Pipelines ( Droht dem Amazonas eine Ölkatastrophe? (1)) erschlossen und damit durchschnitten, so hat dies umfassende ökologische Folgen. Das größte Problem sind dabei Glücksritter, die nun entlang der neu freigeschlagenen Pfade in den Urwald eindringen und dort Unheil anrichten. Doch die Eindringlinge müssen nicht unbedingt böse Absichten haben, allein ihre Anwesenheit sorgt bereits für Probleme und bringt das Ökosystemen des Urwalds und auch seiner menschlichen Bewohner durcheinander. An sich kennt man das Phänomen bereits aus dem 15. Jahrhundert, als die spanischen Eroberer nach Amerika kamen und die Indianer mit ihren Krankheiten wie Erkältungen und Pocken ansteckten – zunächst versehentlich, später absichtlich, um sie auszurotten. Dieses Problem ist auch heute noch akut, ein halbes Jahrtausend später, denn im Urwald des Amazonas gibt es noch viele Gebiete, die keine Verbindung mit der Rest der Welt haben und in denen die Menschen abgeschieden leben. Doch nun werden immer mehr Schneisen in den Urwald geschlagen und es ist vorbei mit der Abgeschiedenheit. Joseph Eisenberg von der Public Health School der University of Michigan hat mit einigen Kollegen insgesamt 21 Dörfer in Ecuador von 2003 bis 2005 jeweils dreimal für je 15 Tage besucht, die in unterschiedlichen Abständen von einer von 1996 bis 2001 neu angelegten asphaltierten Schnellstraße an der nördlichen Küste des Landes liegen. Von dieser gehen weitere, kleinere Straßen ab, hauptsächlich zum Holzeinschlag, die bis 2003 angelegt wurden. Dabei haben die Forscher speziell untersucht, welchen Effekt die neue Straße auf die Verbreitung von schweren, für Kinder unter fünf Jahren oft tödlichen, Durchfallerkrankungen hat. Die Ergebnisse erscheinen in Kürze in den Proceedings of the National Academy of Sciences. Sie bestätigen die Befürchtungen der Wissenschaftler: Diejenigen Ortschaften, die am nächsten an der Schnellstraße liegen (vier von den 21 Orten lagen direkt an ihr), haben ein 18,4-fach größeres Risiko, an Magenbeschwerden durch das Bakterium Escherichia coli zu erkranken, als die mit der höchsten Entfernung von der Schnellstraße. Auch mit zwei anderen Durchfall erzeugenden Krankheitserregern kombiniert ist es immer noch dreimal wahrscheinlich, an der Straße an Durchfall zu erkranken als im Hinterland. Einer der möglichen Gründe, so vermutet Karin Levy von der University of California, Berkeley, Mitautorin der Studie, im aktuellen New Scientist, sei die Auflösung dörflicher geschlossener Wohngebiete zu Gunsten von losen Siedlungen mit weniger sesshaften Zuwanderern. Zudem herrscht in den Bautrupps und anderen neu entstehenden Siedlungen zunächst einmal eine sehr provisorische sanitäre Versorgung. In Afrika, aber auch im Amazon-Regenwald in Peru und in Indien soll alleine das Abholzen bereits dazu führen, dass sich Dengue-Fieber und Malaria stärker verbreiten. Doch auch bislang völlig ortsfremde Krankheiten schleichen sich über die neugebauten Straßen schneller ein. Und natürlich können auch die Bauaktivitäten direkt zu Problemen führen: So führte der Bau des Trans-Amazon Highway zu einem Ausbreitung der Malaria, weil die Bautätigkeit zu vermehrter Pfützenbildung Anlass gegeben hatte – und in diesen können sich die Malaria verbreitenden Stichmücken besser vermehren. Ebenso konnte in Uganda nachgewiesen werden, dass die Verbindungsstraße zwischen Kenia und Kampala die Ausbreitung von Aids gefördert hat. Quelle: Wolf-Dieter Roth, heise.de
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
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