Brasiliens Präsident Michel Temer hat sich einer umstrittenen Rechts-Auffassung angeschlossen, die indigenen Völkern das Recht auf ihr Land verwehrt, und diese Meinung zur offiziellen Politik gemacht. Der Auffassung zufolge haben indigene Völker kein Recht auf ihr Land, wenn sie dieses nicht bereits besetzt hielten, als Brasiliens derzeitige Verfassung im Oktober 1988 in Kraft trat.Die Rechtsmeinung steht in Widerspruch mit der Verfassung, die eindeutig festlegt, dass indigene Völker das Recht haben, Land zu besetzen und zu nutzen, dass sie bereits lange bewohnten, bevor die europäische Kolonisierung Brasiliens begann. Die Kanzlei des brasilianischen Bundesanwalts und Rechtsexperten sprechen von lediglich einer Meinung, die keinen Rechtsstatus besitze und zudem verfassungswidrig sei. Joenia Wapixana, Brasiliens erste indigene Anwältin, erklärt: “Unsere ursprünglichen Rechte sind unveräußerlich, der Zeitrahmen verstößt daher gegen die Verfassung.” Luiz Henrique Eloy, ein indigener Anwalt, der dem Volk der Terena angehört, und für APIB, das Netzwerk brasilianischer Nichtregierungsorganisationen in Brasilien, arbeitet, stellt klar: “Eine Verwendung dieses Zeitrahmens ist vollkommen verfassungswidrig. Die Verfassung erkennt indigene Rechte als ursprüngliche Rechte an, die Vorrang vor jedem anderen Recht haben. Diese Rechtsauffassung ist die einiger Minister, sie entbehrt aber der Grundlage.” Brasiliens Kongress stimmt im August darüber ab, ob wegen Korruptionsvorwürfen gegen Präsident Temer ermittelt wird. Im Vorfeld berichten politische Analysten vom Versuch Temers, seine Basis unter den Abgeordneten zu festigen. Viele von diesen stehen in Verbindung mit Brasiliens mächtiger, stark indigenen-feindlicher Agrarlobby oder vertreten diese selbst. Viele Vertreter der Agroindustrie, vor allem in Bundesstaaten im Süden und in der Mitte Brasiliens, besetzen indigene Gebiete und profitieren von diesen, nachdem die indigenen Eigentümer bereits vor Jahrzehnten vertrieben wurden. Aktivisten befürchten, dass Präsident Temer entschlossen ist, die indigenen Rechte massiv auszuhölen, um sich selbst die Unterstützung für sein politisches Überleben zu sichern. Der Parlamentarier Luis Carlos Heinze, ein prominentes Mitglied der Agrar-Kommission des Abgeordnetenhauses, der bei den Beratungen über die umstrittene Rechtsauffassung dabei war, bevor diese öffentlich gemacht wurde, erklärte: “Auf dieser Grundlage sind nun mehr als 90 Prozent der (mehr als 700) Fälle (von Demarkierungen indigener Gebiete, die in Brasilien im Gang sind) illegal und werden somit aufgeschoben.” Survival hat Luis Carlos Heinze die Auszeichnung Rassist des Jahres verliehen aufgrund seiner beleidigenden Bemerkungen über indigene Völker.Indigene Organisationen und Nichtregierungsorganisationen in Brasilien haben am 20. Juli eine scharf formulierte Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie die Rechtsauffassung verurteilen und die Staatsanwälte dazu aufrufen, diese auszusetzen. Quelle: Survival International
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz