Möglicherweise gibt es eine gute Nachricht – für uns alle auf dieser Erde, denn es gibt nun ein Naturabkommen mit dem kaum jemand gerechnet hat. Im Abkommen von Montreal wurden 23 Ziele formuliert, die eine Grundlage für das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten bilden könnten. Ziel 3 des Abkommens dürfte eines der wichtigsten sein, denn es sieht eine unter Schutzstellung von nicht weniger als 30 Prozent der globalen Landflächen und ebenfalls 30 Prozent der Meere vor – bis 2030. Das klingt zunächst einmal richtig revolutionär. Sollte das tatsächlich gelingen, wäre das für den Artenschutz ein Meilenstein. Denn nur in geschützten Gebieten, die dann allerdings dummerweise aber auch noch überwacht werden müssten, gäbe es eine Lösung für das gigantische Artensterben, das wir ausgelöst haben und das uns im schlimmsten Fall selbst mit in den Orkus reißen wird. Es könnte die Grundlage dafür sein, dass am Amazonas endlich die gigantische Abholzung ein Ende finden könnte, aber zum Beispiel auch das Entwässern von Mooren. Zusätzlich sollen 30 Prozent der bereits geschädigten Flächen einem Renaturierungsprozess ausgesetzt werden.
Positiv zu sehen ist auch die im Abkommen angestrebte Halbierung des Pestizideinsatzes, ebenfalls bis 2030, was ein weiterer großer Schritt in Richtung eines effektiven Artenschutzes sein könnte. Bis dahin sollen auch 500 Milliarden US$ in den Schutz der Biodiversität investiert werden.
Das Negative am Abkommen liegt vor allem in der Tatsache begründet, dass doch sehr viele Kompromisse für das Zustandekommen der Vereinbarung geschlossen werden mussten. Dadurch entstanden zwangsläufig Schlupflöcher, die die Wirkung des Vertrages stark abschwächen können. Bei den 30 Prozent Zielen verschwand die ursprüngliche Formulierung eines „strikten“ Schutzes auf mysteriöse Art und Weise wieder aus dem Vertragstext und wurde durch den extrem dehnbaren Begriff „effektiv“ ersetzt. Weiterhin wird von „nachhaltiger Nutzung“ gesprochen. Diese Formulierung könnte dazu missbraucht werden, Fischerei in Meeresschutzgebieten zu rechtfertigen oder auch bestimmte Abholzungen in geschützten Arealen am Amazonas.
Wichtig wird jetzt sein zu sehen, wie die einzelnen Länder mit dem Abkommen umgehen und was sie daraus machen. Die Welt werden die 23 Montreal-Ziele sicherlich nicht retten, selbst wenn sie gut umgesetzt würden. Um das Artensterben effektiv zu stoppen und es vielleicht in Bereichen wieder ins Positive zu wenden muss mehr passieren. Hierzu müssten sich nichts weniger als die Gesellschaften grundlegend ändern.
In Deutschland vernichtet die Art der Landwirtschaft viel Artendiversität. Mit dem Verschwinden der Insekten verlieren z.B. viele Vögel ihre Nahrungsgrundlage. Helfen könnten hier mehr Ökolandbau, die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen 30 Prozent sind hier sicherlich zu wenig. Die „grünen Wüsten“ der konventionellen Landwirtschaft müssten aufgebrochen werden. In kleinräumigere Strukturen, die wieder Lebensraum für eine Artenvielfalt bieten. Die im Abkommen festgelegte Halbierung des Pestizideinsatzes könnte hier helfen. Wichtig wäre vor allem ein Umdenken in der EU mit Blick auf die Agrarsubventionen. Die hier eingesetzten 6 Milliarden Euro müssten dringend umgewidmet werden – für den Arten- und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Das wird zwangsläufig die landwirtschaftlichen Erträge vermindern, die vor allem auch die Verbraucher auffangen müssten. Weniger Fleisch essen und noch weniger Lebensmittel wegwerfen wäre hier dringend vonnöten. Wenn der Fleischkonsum mit seinem gigantischen Flächen- und Wasserverbrauch um ein Viertel eingeschränkt werden könnte, wurde das schon ausreichen. Es müssen also nicht alle Vegetarier werden und der Rodungsdruck am Amazonas für die Anlage von Sojafeldern für unsere Massentierhaltung könnte trotzdem stark vermindert werden. Wir benötigen einen vernünftigen Umgang mit unseren sehr endlichen Ressourcen. Und hier kann und muss neben der Politik jeder Einzelne seinen Teil beitragen. Denn durch den Artenverlust ist letztlich auch unser Überleben auf dieser Erde gefährdet. Das Montreal-Abkommen kann eine Grundlage dafür sein, dass es nicht so weit kommt.