Alarmiert von einem Senatsbeschluss über drastische Sparmaßnahmen in Brasilien warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eindringlich vor einer dramatischen Verschlechterung der Situation der indigenen Völker. Die Menschenrechtsorganisation forderte am Mittwoch, die Finanzierung dringend notwendiger Schutz-, Gesundheits- und Bildungsprojekte zugunsten der Indigenen aus dem Sparpaket herauszunehmen und ihre Rechte höher zu bewerten als die Interessen von Agrarwirtschaft und Großunternehmen. “Die indigenen Völker gehören zu den schwächsten Gruppen der brasilianischen Gesellschaft und müssen deshalb vom Staat besonders geschützt werden. Ihre in der Verfassung verankerten Rechte dürfen nicht verwässert werden”, erklärte die GfbV-Referentin für indigene Völker, Yvonne Bangert, am Mittwoch in Göttingen. Mit großer Mehrheit von 53 zu 16 Stimmen hat der brasilianische Senat am Dienstag eine Vorlage zur Verfassungsänderung verabschiedet (PEC 55), welche die öffentlichen Ausgaben für die kommenden 20 Jahre auf dem jetzigen Stand einfriert. PEC 55 soll von Donnerstag (15.12.) an gelten. Davon betroffen sein wird auch die staatliche Indianerbehörde FUNAI, die für die Ausweisung und Überwachung indigener Schutzgebiete, aber auch für Gesundheits- und Bildungsprogramme für indianische Gemeinschaften zuständig ist. “Es wird prognostiziert, dass die FUNAI bis zu 130 ihrer insgesamt 260 Verwaltungsposten schließen muss und so weder die medizinische Versorgung noch den Schutz der Gebiete der in freiwilliger lebenden indigenen Völker gewährleisten kann. Das würde illegalen Eindringlingen wie Goldsuchern oder Holzfällern, aber auch Agrarunternehmen Tür und Tor öffnen”, sagte Bangert. Schon im November 2016 hatte auch das Repräsentantenhaus PEC 55 zugestimmt. Nach Meinung des UN-Sonderberichterstatters für Menschenrechte und extreme Armut, Philip Alstom, wird das Gesetz die Ungleichheit in der brasilianischen Gesellschaft weiter erhöhen. Soziale Rechte würden in den nächsten 20 Jahren eine nur geringe Priorität haben. Bangert kritisierte, dass über das Sparpaket hinaus noch zwei andere Gesetzentwürfe für die Indigenen äußerst bedrohlich seien. Sollte PEC 215 verabschiedet werden, werde zukünftig das Parlament über die Anerkennung indigener Schutzgebiete entscheiden. Im Parlament sei jedoch die Agrarlobby stark vertreten, die selbst großes Interesse an der Nutzung indigenen Territoriums hat. “Auch bereits geschützte indigene Gebiete könnten wieder infrage gestellt werden, um dort lagernde Naturschätze ausbeuten zu können. Dabei ist eigenes Land für die indigenen Gemeinschaften überlebensnotwendig.” Das zweite als PEC 65 bezeichnete Gesetz soll das bislang dreistufige Umweltprüfverfahren bei neuen Projekten durch nur noch eine Prüfung ersetzen, die zudem von einem an einem Bauauftrag interessierten Unternehmen selbst durchgeführt werden kann. Quelle: Gesellschaft für bedrohte Völker
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
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