Der umstrittene Megastaudamm São Luiz do Tapajós im Herzen des brasilianischen Amazonas wird (vorerst) nicht gebaut. Das hat die brasilianische Umweltbehörde IBAMA am 4. August bekannt gegeben und die für den Bau notwendige Umweltlizenz verweigert. Geplant war am Oberlauf des Rio Tapajós ein Megastaudamm über 7,6 Kilometer Länge. Das Wasserkraftwerk sollte mehr als 8000 Megawatt Leistung haben, was der Energiemenge von sechs Atomkraftwerken entspricht. Gegen das von der brasilianischen Regierung geplante Kraftwerk, welches verheerende Auswirkungen für die Natur mit sich gebracht hätte, haben vor allem Greenpeace und das indigene Volk der Munduruku protestiert. Ein Großteil ihres Lebensraums war durch das Projekt bedroht. Betroffen hätte der Staudamm auch die Gummizapfer-Kooperative in Maguari mit der wir zusammenarbeiten. Von der Kooperative beziehen wir z.B. die Kapanga-Umhängetaschen aus Naturlatex. Außerdem wären dem Staudamm auch riesige Regenwaldgebiete zum Opfer gefallen mit gravierenden Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem Regenwald mit seinen bis heute weitgehend unbekannten Schatz an Tier” und Pflanzenarten in einer der artenreichsten Gegenden der Erde. Der Stausee hätte im flachen Amazonasbecken etwa 2600 Quadratkilometer Regenwald überschwemmt, viele weitere durch direkte und indirekte Rodungen zerstört. Ob die Abkehr von diesem Projekt ein Einschnitt in die Energiepolitik des Landes bringen wird, ist jedoch ungewiss. Die Wasserkraft nimmt im aktuellen Energiemix Brasiliens 70 Prozent ein, obwohl das Land beste Voraussetzungen für den den Ausbau von Wind” und Sonnenenergie besitzt, die leider nur sehr eingeschränkt in Anspruch genommen werden. Wir beglückwünschen vor allem die indigene Gemeinschaft der Munduruku, die schon lange für ihr Land und gegen die Errichtung des Staudamms kämpft. Gemeinsam mit 1,2 Millionen Menschen weltweit, die diverse Petitionen zum Schutz des Amazonas unterzeichnet haben, kann nun dieser Erfolg gefeiert werden. Die IBAMA hatte unter anderem von der Nationalen Stiftung der Indigenen FUNAI die Empfehlung erhalten, das Projekt nicht zu genehmigen, da das betroffene Land den indigenen Munduruku zustünde. Solche Empfehlungen gab es bereits bei anderen Mega-Projekten, wie zum Beispiel beim soeben fertig gestellten Mega-Staudamm Belo Monte am Rio Xingu, wo sie jedoch ignoriert wurden. Wichtig wäre, dass Brasilien nun allgemein seinen Energie-Kurs ändert und zerstörerischen Staudämmen eine generelle Absage erteilt. Der São-Luiz-do-Tapajós-Damm wäre nur der erste von insgesamt 43 Staudämmen gewesen, die im Tapajós-Einzugsgebiet geplant sind. Trotz der verheerenden Folgen für Mensch und Natur setzt die brasilianische Regierung wohl weiterhin vor allem auf Wasserkraft zur Stromerzeugung, ungeachtet des hohen Potenzials an Solar- und Windenergie. Zuversichtlich stimmt, dass das vorläufige Ende des São-Luiz-do-Tapajós-Staudammes auch entscheidend durch die Zivilgesellschaft herbeigeführt werden konnte. Massive Proteste hatte es im Vorfeld auch gegen den Siemens-Konzern und dieösterreichische Andritz AG gegeben, die Turbinen und Generatoren für das Kraftwerk liefern sollten. Möglich ist jedoch nach wie vor, dass das für den Bau zuständige Unternehmen Eletrobrás einen neuen Antrag mit einer Änderung der Baupläne stellt – ob der erfolgreich sein könnte, ist nicht absehbar.
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
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