Tropische Bergregenwälder sind durch menschliche Übernutzung stark bedroht. Die Wiederaufforstung dauert lange. Nun hat ein bolivianisch-deutsches Forscherteam im Fachmagazin “Journal of Ecology” aufgezeigt, dass Ameisen bei der Wiederherstellung von Waldbäumen in solchen degradierten Regionen eine wichtigere Funktion übernehmen, als man bisher annahm. Die meisten Baumsamen werden in den Tropen von Vögeln und Säugetieren ausgebreitet, aber Forscher konnten nun erstmals zeigen, dass auch unscheinbare Akteure wie Ameisen dabei eine große Rolle spielen. Ameisen können die Renaturierung des Waldes in Gang setzen, indem sie Samen an für die Baumetablierung geeignete Orte verschleppen. Renaturierung der Inselwälder Am bolivianischen Ostabhang der Anden finden sich in der von lang- gezogenen Tälern geprägten Landschaft nur noch Restbestände des ursprünglichen Bergregenwaldes. Diese Region ist recht dicht besiedelt, daher wurde der Wald durch Brandrodung stark ausgedünnt. Die Menschen nutzen die Flächen zum Koka-Anbau oder für andere landwirtschaftliche Bebauung. Viele Flächen bleiben jedoch nach kurzer Zeit ungenutzt. Dadurch sind die Waldreste von einer offenen, weitgehend degradierten Kulturlandschaft umgeben. Die Biologen untersuchten nun, wie Ameisen zur Ausbreitung einer häufigen Waldbaumart (Clusia trochiformis) beitragen und testeten, ob diese Ökosystemfunktion die Wiederbesiedlung und Renaturierung der entwaldeten Gebiete fördert. Die durchgeführten Untersuchungen zeigten deutlich, dass Ameisen den Samenfraß durch Nagetiere reduzieren und gleichzeitig den Keimungserfolg der Samen erhöhen. Ameisen fördern Wiederbewaldung Die Ameisen transportieren die anfallenden Samen recht schnell ab. Der rote, fettreiche Samenmantel ist eine willkommene Nahrung für allerlei Tiere. 48 Stunden sowie einen Monat nach Anlegen der Depots suchten die Biologen in einem Radius von 2,5 Metern erneut nach den Samen und fanden mehr als 80 Prozent wieder. Bei den meisten Samen hatten die Ameisen den Samenmantel entfernt. Dadurch reduzierten sie die Gefahr eines Pilzbefalls und erhöhten damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Samen keimten. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass gerade in den degradierten Habitaten die abtransportierten Samen seltener gefressen wurden und häufiger keimten als die nicht bewegten Samen. Stark bedrohter Andenwald Die Wiederbewaldung der Bergregenwälder ist eine sehr langwierige und unter Begleitung der betroffenen Bevölkerung sehr aufwändige Angelegenheit. Zudem gibt es sehr oft das Problem, dass statt der wichtigen Bäume Sträucher oder Farne gedeihen und das Wachstum der Bäume behindern. Letztere müssen dann per Handarbeit entfernt werden. Das gewonnende Wissen kann nun genutzt werden, um Clusia bei der Etablierung in den gerodeten Gebieten zu unterstützen und so die Renaturierung der entwaldeten Gebiete voranzutreiben. Die Dienstleistung der Ameisen in den entwaldeten Gebieten lässt einen besseren und nachhaltigen Besiedlungserfolg erwarten. Damit werden mittelfristig wieder Lebensbedingungen für eine ganze Reihe anderer Tier-und Pflanzenarten des Ökosystems Bergregenwald geschaffen. Angesichts einer wahrscheinlichen Zunahme von Trockenperioden in den Anden wird die Ökosystemfunktion der Ameisen für die Renaturierung von Bergregenwäldern in der Zukunft noch wichtiger werden. Ein Blick in die Praxis: Das Wiederaufforstungsprojekt des Regenwald-Instituts im bolivianischen Tipuani-Tal hat zum Ziel, die in früheren Jahrzehnten gerodeten Bergregenwälder wieder herzustellen. Vermehrt auftretende Starkregenfälle haben die entwaldeten Hänge ins Rutschen gebracht und ganze Dörfer verschüttet. Entsprechend groß ist das Engagement der betroffenen Bevölkerung, dort mittelfristig wieder einen intakten Bergregenwald zu etablieren. Die Setzlinge werden von den Menschen intensiv gepflegt, damit sie sich gegen die genannten Farne, Gräser und Sträucher durchsetzen können.
Regenwald-Institut e.V.
Institut für angewandten Regenwaldschutz
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