ZDF zur Regenwaldzerstörung

Raubbau an der “Grünen Lunge” Für Soja, Öl und Gartenmöbel ZDF-Online, Ruth Kuczka Irgendwie wissen wir es alle: Seit den 80er Jahren ist das Ausmaß der Umweltzerstörung in den Regenwäldern bekannt. Nach einer Welle der Erregung, nach Untersuchungen und Projekten ist es in der Öffentlichkeit wieder still geworden, der Regenwald aber wird weiter fröhlich abgeholzt. Sie sind das artenreichste Ökosystem der Erde. Sie haben über 100 Millionen Jahre gebraucht, um diese biologische Vielfalt hervorzubringen und in ungefähr 30 Jahren hat der Mensch über die Hälfte bereits vernichtet: Die tropischen Regenwälder schwinden in atemberaubenden Tempo. Jedes Jahr werden zurzeit 150 000 km² Regenwald abgeholzt – für die Vorstellungskraft: jede Minute sind das 6000 Bäume. Umweltverbände und Regenwaldschützer machen mobil: Wenn nicht bald diese Entwicklung gestoppt wird, wird der gesamte Bestand bis auf einige Nationalparks in 30 bis 40 Jahren verschwunden sein. Grüne Lunge ohne Luft Die Auswirkungen sind bekannt. Unzählige Tier- und Pflanzenarten, zu einem großen Teil noch unbekannt, sterben aus, Waldvölker sind in ihrer Existenz bedroht und die Auswirkungen auf das regionale und globale Klima noch gar nicht abzusehen. Globalisierung einmal anders: Circa 600 Milliarden Tonnen Wald wurden bei Raubrodungen verbrannt und belasten mit dem freigesetzten Kohlendioxid (CO2) die Erdatmosphäre. Umgekehrt fehlt der gerodete Wald zum CO2-Abbau. Auch der Wasserkreislauf wird empfindlich gestört. Der verbleibende Wald kann die großen Regenmengen nicht mehr speichern und wieder abgeben, Boden erodiert. Brandrodung für Schokolade Das sind Fakten, die schon seit Mitte der 80er Jahre sowohl den Fachleuten als auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind. Eine Vielzahl von Projekten konnte in den bedrohtesten Gebieten tatsächlich die Abrodung begrenzen, doch kaum war das öffentlich schlechte Gewissen wieder beruhigt, nahm der Raubbau mit anderen Methoden und an anderen Orten wieder zu: Nach dem Raubbau für Weideland in den 80er Jahren sind es heute Gartenmöbel aus tropischen Hölzern zu Schleuderpreisen und Monokulturen wie Palmöl und Soja, für die der Regenwald stirbt. In Brasilien breitet sich Soja statt des Urwaldes aus: als Futtermittel für Schweine und Rinder wird es vor allem in EU-Länder ausgeführt. In Indonesien und Malaysia sind von ursprünglich 22 Prozent der Landesfäche nur noch 7 Prozent Regenwald, die geschlagenen Bäume waren insbesondere dieses Jahr als billige, aber sehr beliebte Gartenmöbel in den Kaufhäusern zu bewundern. Auch für das begehrte Palmöl müssen die Urwaldriesen weichen: Palmöl ist Rohstoff für eine ganze Produktpalette, vom Waschmittel über Kosmetika bis zur Schokolade. Der Konsum steigt – und damit der Bedarf: Indonesien und Malaysia planen, die Anbaufläche von 2,4 Millionen Hektar auf 5,5 Millionen Hektar zu vergrößern – auf Kosten des Regenwaldes. Deutschland ist der zweitgrößte Handelspartner für indonesisches Palmöl. Schutz vor dem Raubau Vordringlichstes Problem scheint eine weltweit schlafende Öffentlichkeit zu sein, die keinen Druck auf Politik und Wirtschaft ausübt und auch beim eigenen Konsumverhalten keinen Handlungsbedarf sieht: Während beim Kauf von Waschmittel oder Schokolade der Verbraucher wohl kaum in der Lage ist, den Zusammenhang zwischen Brandrodungen, Palmöl und Endprodukt zu erkennen, könnte er gut und gerne bei der Möbelauswahl mehr Sorgfalt walten lassen. Teakholzmöbel erfreuen sich großer Beliebtheit bei fallenden Preisen. In diesem Sommer gab es eine regelrechte “Gartenmöbel-Schwemme” – die meisten aus tropischen Hölzern. Wer kennt und achtet schon auf das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council), das Holz aus nachhaltiger – sozial und ökologisch verträglicher- Waldbewirtschaftung kennzeichnet? Der Verbraucher kann selbst dazu beitragen, dass der Regenwald nicht weiter verschwindet: Mit Sorgfalt bei der Auswahl der Produkte und mit Druck auf die Entscheider in Politik und Wirtschaft.

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